Scherben und Ruß vor Gemeinschaftsunterkunft Regis: War es ein Anschlag?

Sollte der Brandsatz eigentlich in die Flüchtlingsunterkunft fliegen? Der Bürgermeister ist schockiert, denn bislang war das Zusammenleben in Regis-Breitingen ruhig. Doch das LKA vermutet ein politisches Motiv.

Glücklicherweise wurde das Ziel verfehlt: In der Nacht auf Freitag, 22. März, haben Unbekannte einen Brandsatz vor einer Gemeinschaftsunterkunft in Regis-Breitingen gezündet. Dessen Reste wurden Freitagmorgen auf dem Fußweg vor der Unterkunft gefunden. Das teilte das Landeskriminalamt Sachsen am Montag mit.

Es könne nicht ausgeschlossen werden, „dass dieser eigentlich auf das Gelände der Gemeinschaftsunterkunft und dort gegen das Gebäude geworfen werden sollte“, so das LKA. Bei dem mutmaßlichen Angriff wurde niemand verletzt, eine Sachbeschädigung wurde nicht festgestellt. Trotzdem vermutet das LKA ein politisches Motiv hinter der Tat.

Heimleiter findet Reste des Brandsatzes

Die Behörden wurden informiert, nachdem der Heimleiter der Unterkunft Scherben, einen Brandfleck und einen Flaschenhals mit verrußtem Inhalt auf dem Fußweg am Freitagmorgen vor der Unterkunft entdeckt hatte. „Ich wollte es schon aufkehren, informierte dann aber doch die Polizei“, berichtet Hartmut Friedrich der LVZ. Nun ermitteln die Staatsanwaltschaft Leipzig und das Polizeiliche Terrorismus- und Extremismuszentrum wegen des Verdachts der versuchten schweren Brandstiftung. Zudem verstößt die Verwendung eines solchen Brandsatzes gegen das Waffengesetz.

„Es war das erste Mal, dass hier so etwas passiert ist“, erzählt Heimleiter Friedrich. Rund um die Unterkunft am Ortsrand sei bisher immer alles friedlich gewesen, Bedrohungen oder dergleichen seien ihm nicht bekannt. „Die Stimmung unter den Bewohnern ist auch jetzt nicht ängstlich“, beobachtet er. Auch deswegen will Friedrich nichts aufbauschen.

Weder Wachschutz noch Bewohner bemerkten möglichen Angriff

Nach dem Fund seien die Bewohner befragt worden, ob sie ein Klirren wahrgenommen hätten, doch niemand habe etwas gehört, auch der Wachschutz nicht. Explizit hingewiesen auf einen möglichen Angriff wurden die Bewohner jedoch nicht. „Sie haben aber am Freitag die Polizei gesehen, die vor dem Haus war“, so Friedrich weiter.

Für die Sicherheit der 81 Bewohner sorgt tagsüber das Personal des Berliner Dienstleisters Living Quarter GmbH, nachts ist ein Wachschutz vor Ort, heißt es aus dem Landratsamt, das für die zehn Gemeinschaftsunterkünfte im Landkreis verantwortlich ist. Für die psychologische Betreuung bietet die Flüchtlingssozialarbeit wöchentliche Sprechstunden an – keiner der Bewohner hatte in der Sprechstunde Fragen zu dem Vorfall, so das Amt. „Das Miteinander zwischen den Bewohnern, der Leitung und der Stadt ist wirklich gut. Die Sicherheit der Bewohner ist uns sehr wichtig“, betonte Landratsamtssprecherin Belinda Reg’n. Ob und welche Konsequenzen es für die Sicherheit geben wird, ist laut Amt noch nicht klar.

Angriff erschreckt Bürgermeister

Erschrocken äußerte sich Bürgermeister Jörg Zetzsche (Freie Wähler) gegenüber der LVZ. „Die Stimmung ist weder ängstlich noch aufgebracht im Ort, so etwas habe ich nicht erwartet.“ Am Montag besuchte er die Unterkunft, sein Draht dorthin sei gut. „Es war alles ruhig“, bestätigte er. Auch, weil es der erste Vorfall dieser Art war, bleibt Zetzsche gelassen. „Ich bin optimistisch, dass es bei diesem einmaligen Geschehen bleibt.“

Nur ein paar Scherben oder doch ein politisch motivierter Angriff mit glücklicherweise glimpflichem Ausgang? Die Antwort auf diese Frage dauert wohl noch. Mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen äußerte sich das LKA nicht gegenüber der LVZ. Am Montag veröffentlichte es jedoch einen Zeugenaufruf.

Der Vorfall in Regis-Breitingen war nicht der erste dieser Art im Landkreis Leipzig. 45 Kilometer nördlich warfen im August 2023 Unbekannte einen Böller in eine Geflüchtetenunterkunft in Beucha bei Brandis. Ein Wachmann soll damals einen lauten Knall gehört haben, zwei Männer befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion in dem Zimmer. Verletzt wurde – glücklicherweise – wieder niemand.

Aktueller Zeugenaufruf des LKA zum mutmaßlichen Brandanschlag in Regis-Breitingen: Zeugen, die in der Nacht vom 21. auf den 22. März verdächtige Personen oder Fahrzeuge wahrgenommen haben oder sonstige Hinweise liefern können, sollten sich bei der Kriminalpolizei in der Dimitroffstraße 1 in Leipzig oder